Gekrönte Häupter für Töpferkunst

Jenny Ebert, Sächsische Zeitung vom 19. Juli 2010

Ein Liedchen mit dem frisch gekürten Königspaar ließ sich Töpfermeister Günter Meißner (links) natürlich nicht nehmen.

 

Kerstin Prozell und Peter Ludwig sind jetzt Königin und König der Via Regia. Beim Großdrehen haben sie ihre Töpferkunst bewiesen.Beide haben nicht für den großen Wettbewerb geübt. Großdrehen, wie das Herstellen hoher Gefäße im Töpferfachjargon heißt, gehört für Kerstin Prozell und Peter Ludwig zum Alltag. Und gestern nun haben sie dafür die höchste Würde erhalten: Beide sind beim Tippelmarkt zu König und Königin im Großdrehen ernannt worden.

 

Zwei Tage lang sind 36 Töpfermeister direkt auf dem Tippelmarkt beim Wettbewerb gegeneinander angetreten, immer ein Mann und eine Frau gleichzeitig. 20 Minuten Zeit hatte jeder, um aus einigen Kilogramm Ton einen hohen Topf zu formen. Vorbild war der Bunzlauer Topf, der im Original über zwei Meter hoch ist – auch wenn von den Teilnehmern nur ein Bruchteil der Größe gefordert wurde. „Die Höhe ist zum einen für den Sieg entscheidend und zum anderen das originalgetreue Aussehen“, erklärt Jurymitglied Udo Hirche, Töpfermeister aus Sagar.

 

Königspaar töpfert einen Meter

 

Und beim Wettbewerb zeigte sich deutlich, dass das gar nicht so einfach ist. Bei dem Einen leierte die Schürze vor lauter Aufregung am Drehteller ein, beim Anderen wurden die Gefäßwände zu dünn und zerbrechlich. Die Zuschauer hatten sichtlich ihre Freude am Elan der Teilnehmer, untermalt von Liedern des „Singenden Töppers“, Günter Meißner aus Trebus.

 

Königin Kerstin Prozell aus Ronneburg in Thüringen konnte es gar nicht fassen, mit ihrem 46 Zentimeter hohen Topf gewonnen zu haben. „Ich dachte, die anderen sind besser als ich“, sagt sie. Schon gleich nach der Schule entschied sie sich für den Töpferberuf, ist seit 2000 selbstständig – und Meisterin im Großdrehen. Jeden Abend entsteht bei ihr eine große Vase oder Ähnliches, das über Nacht in Ruhe trocknet. „Das Großdrehen ist nicht einfach, weil eine einzige dünne Stelle am Gefäß reicht, und alles fliegt einem um die Ohren.“ Zudem brauche man gerade als Frau auch genügend Kraft, um mit fünf Kilo Ton umgehen zu können.

 

Noch ein paar Zentimeter höher hinaus ist der Topf von König Peter Ludwig gewachsen: auf 54 Zentimeter. Den höchsten hat er damit nicht getöpfert, aber den gleichmäßigsten, urteilte die Jury. Andere Teilnehmer hätten breite Böden unten und dünne Öffnungen oben gemacht, was unter Kunsthandwerkern nicht gern gesehen sei. Peter Ludwig ist in seiner Heimat Görzke nicht nur Innungsobermeister für Berlin/Brandenburg , sondern auch Ausrichter eines Töpfermarktes. „Der ist aber ruhiger als der Tippelmarkt“, sagt er. „Ich finde das toll, wie hier die schlesische Tradition gepflegt wird. Unsere Töpfer sind auch Ableger der schlesischen Töpfer in Bunzlau.“

 

König und Königin dürfen beim Tippelmarkt 2011 mit ihren Ständen wieder dabei sein – ohne Standgebühr. Vielleicht müssen sie dann wieder einen halben Liter Landskron-Bier auf einmal austrinken, wie sie es bei der Krönung gestern unter viel Applaus geschafft haben. Denn, so sagen die Töpfer, nicht nur die Tippel müssen dicht sein – auch die Töpfer.